In einem hohen Raum hängen hunderte kleine Submunitionen an Fäden von der Decke.
Explosivwaffen

Nach monatelanger Unterbrechung aufgrund von COVID-19 wurden die diplomatischen Verhandlungen für eine politische Erklärung gegen den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten wiederaufgenommen. Ab heute und bis zum 5. März werden sich die Staaten online treffen, um den Entwurf für eine politische Erklärung zum Schutz der Zivilbevölkerung zu diskutieren.

Ein Mann, eine Frau und zwei kleine Jungen stehen vor den Trümmern eines zerstörten Hauses.
Das Haus dieser Familie wurde bei einem Bombenangriff zerstört. © E. Fourt / Handicap International

Staaten müssen dringend das Problem der Bombardierungen in bevölkerten Gebieten lösen

Die Gespräche vom 3. bis 5. März beleben einen wichtigen diplomatischen Prozess zur Ausarbeitung einer politischen Erklärung, die sich mit den zivilen Schäden befasst, die durch den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten verursacht werden. Dieser von Irland geführte Prozess begann im Oktober 2019 und wurde durch die COVID-19-Pandemie zeitweise unterbrochen. Bislang sind mehr als 70 Staaten an der Ausarbeitung der politischen Erklärung beteiligt. Eine abschließende Verhandlungsrunde wird voraussichtlich noch in diesem Frühjahr in Genf stattfinden. Dann soll die politische Erklärung den Staaten auf einer Konferenz Ende 2021 zur Bestätigung vorgeschlagen werden.

Der aktuelle Textentwurf der politischen Erklärung geht nicht weit genug

„Bomben können in wenigen Tagen eine ganze Stadt zerstören. Sie wieder aufzubauen dauert jedoch Jahrzehnte. Schwere Bombardierungen in bevölkerten Gebieten töten und verletzen Zivilist*innen, zerstören die Infrastruktur und zwingen Familien, ihr gesamtes Hab und Gut aufzugeben, um in sicherere Gebiete zu fliehen. Dauerhaft vertriebene Familien, die Kontaminierung großer Gebiete durch explosive Kriegsreste, komplexe Verletzungen und langfristige psychologische Traumata sowie eine akute Reduzierung lebenswichtiger Dienstleistungen (Schulen, Gesundheitszentren usw.) - dies ist nur ein Vorgeschmack auf die langfristigen humanitären Auswirkungen von Bombardierungen in bevölkerten Gebieten. Das muss aufhören", sagt Eva Maria Fischer,  Leiterin Advocacy und Bildungsarbeit bei Handicap International Deutschland

Die politische Erklärung würde einen unbestreitbaren Fortschritt für den Schutz der Zivilbevölkerung in Konflikten bringen. Der Textvorschlag für die politische Erklärung zirkuliert derzeit unter den Delegationen der Staaten. Um wirklich effektiv zu sein, sind allerdings noch Textverbesserungen erforderlich:

Humanitärer Schaden und ziviles Leiden. Der Text sollte die humanitären Schäden und das zivile Leid, das durch den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten entstehen, klar beschreiben und anerkennen. Wenn Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten eingesetzt werden, sind 90% der Opfer Zivilist*innen. Der Text muss auch die langfristigen humanitären Auswirkungen von Bombardierungen in bevölkerten Gebieten anerkennen: Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur, langfristige Vertreibung, Verseuchung des Bodens durch explosive Kriegsreste...

Systematischer Schaden für die Zivilbevölkerung. Im Textentwurf heißt es, dass der Einsatz von Explosivwaffen mit Flächenwirkung in bevölkerten Gebieten verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung haben "kann". Die Verwendung des Wortes "kann" ist irreführend: Es ist erwiesen, dass diese Waffen immer Auswirkungen auf Zivilist*innen haben, wenn sie in Städten eingesetzt werden. Deshalb haben das IKRK und der UN-Generalsekretär die Staaten aufgefordert, den Einsatz von Explosivwaffen mit Flächenwirkung in bevölkerten Gebieten zu vermeiden. Deshalb muss die politische Erklärung ein Ende des Einsatzes von Explosivwaffen mit Flächenwirkung - den zerstörerischsten Waffen - in bevölkerten Gebieten fordern.

Flächenwirkung. Der Textentwurf bezieht sich auf Explosivwaffen mit Flächenwirkung, erklärt aber die Eigenschaften dieser Waffen nicht ausreichend: Viele Explosivwaffen mit Flächenwirkung, die in der städtischen Kriegsführung eingesetzt werden, waren ursprünglich für offene Schlachtfelder konzipiert. Schwere Bomben und ungenaue Waffen gefährden ganze Stadtteile, mehrere Raketensysteme feuern gleichzeitig über ein großes Gebiet, Munition erzeugt große Spreng- und Splitterwirkung...

Opferhilfe. HI würdigt, dass die Opferhilfe Teil der politischen Erklärung ist. Aber die Verpflichtung, den Opfern zu helfen, sollte gestärkt und so konkretisiert werden, dass sie den Verletzten, den Überlebenden, den Familienangehörigen der Getöteten und/oder Verletzten und den betroffenen Kommunen wirksame Hilfe bringt.

Einige Staaten spielen die Gefahr immer noch herunter

In ihren letzten schriftlichen Beiträgen zum Text der politischen Erklärung haben einige Staaten - insbesondere Frankreich, Belgien, Kanada, das Vereinigte Königreich und Deutschland - das Problem des durch Explosivwaffen verursachten menschlichen Leids mit dem "unterschiedslosen Einsatz" dieser Waffen in Verbindung gebracht und die modifizierende Formulierung "können" eingeführt. Der Text sollte sich definitiv mit den unterschiedslosen oder unverhältnismäßigen Auswirkungen dieser Waffen befassen, insbesondere mit den Auswirkungen von Explosivwaffen mit Flächenwirkung, da es gut dokumentiert ist, dass ihr Einsatz in bevölkerten Gebieten immer unterschiedslos ist.
Einige Staaten, wie die Vereinigten Staaten oder Frankreich, ziehen es vor, sich auf Verstöße durch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen zu konzentrieren. Dies reduziert die Reichweite einer politischen Erklärung und lässt die Verantwortung aller an einem Konflikt beteiligten Staaten außen vor.

HI ist der Ansicht, dass es einen Mindeststandard gibt, auf den sich die Staaten einigen müssen: Die Staaten sollten sich bedingungslos dafür einsetzen, dass die zerstörerischsten Waffen nicht in Städten eingesetzt werden, wie es die UN und das IKRK im Jahr 2019 gefordert haben.

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