In einem hohen Raum hängen hunderte kleine Submunitionen an Fäden von der Decke.

Staaten müssen Schutz der Zivilbevölkerung vor Bombardierungen deutlich verbessern

Hinter einem See ranken einige Hochhäuser in die Luft.
Das ACV in Wien. © BambooBeast unter CC BY-SA 3.0  

Am 1. und 2. Oktober werden in Wien die Vertreter/-innen von fast 100 Staaten und der Zivilgesellschaft bei der „Internationalen Konferenz zum Schutz der Zivilbevölkerung in der städtischen Kriegsführung“ zusammenkommen. Damit soll ein politischer Prozess in Gang gesetzt werden mit dem Ziel, im Frühjahr 2020 eine politische Erklärung zu verabschieden, die konkrete Maßnahmen für den Schutz und die Unterstützung der Zivilbevölkerung beinhaltet. Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) unterstreicht aus diesem Anlass, dass der Einsatz von Explosivwaffen in Wohngebieten eine große Tragödie für die Zivilbevölkerung ist und der Schutz und die Unterstützung der Betroffenen als dringende humanitäre Priorität anerkannt werden müssen: 90 Prozent der Opfer von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten sind Zivilist/-innen.

Nachdrückliche Unterstützung durch UNO und IKRK

Mitte September hatten der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, und der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, in einem eindrücklichen Appell die verheerenden Auswirkungen von Explosivwaffen für die Zivilbevölkerung hervorgehoben und ihre nachdrückliche Unterstützung für den politischen Prozess bekräftigt. Um die Folgen der Bombardierungen in Syrien zu verdeutlichen, hat Handicap International darüber hinaus eine aktuelle Studie mit dem Titel „The Waiting List“ erstellt. Diese befasst sich mit den unmittelbaren und langfristigen Bedürfnissen der Menschen, die von den Folgen von Bombardierungen und Beschuss in Syrien betroffen sind.

Mahnmal für den unbekannten Zivilisten

Während der Konferenz wird Handicap International auch ein „Mahnmal für den unbekannten Zivilisten“ aufstellen, das an die unzähligen zivilen Opfer bewaffneter Konflikte erinnert. Das blumengeschmückte Monument wird direkt am Eingang der Wiener Konferenz die Teilnehmer/-innen an die Menschen erinnern, um die es bei den Verhandlungen gehen soll.
   
Angriffe mit Explosivwaffen auf Zivilist/-innen müssen endlich beendet werden
Die Organisation Handicap International, Co-Preisträgerin des Friedensnobelpreises 1997, setzt sich als Mitbegründerin des Internationalen Netzwerks zu Explosivwaffen (INEW) seit über fünf Jahren gegen Bombenangriffe auf Wohngebiete ein. Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland, betont: „Die Kriegsmaschinerie hat enormes Leid angerichtet, ganze Stadtviertel flächenbombardiert und lebenswichtige zivile Infrastrukturen zerstört. Städte werden mit explosiven Kriegsresten verseucht, während Straßen, Stromnetze, Wasser- und Abwasseranlagen beschädigt werden. Das Gesundheitssystem wird geschwächt, doch zugleich steigt der Bedarf an medizinischer Versorgung und Rehabilitation. Dieses Muster moderner Kriege muss endlich durchbrochen werden.“

Bewaffnete Konflikte werden zunehmend in Ballungsgebieten, vor allem in Städten, ausgetragen. Die Auswirkungen des Einsatzes von Explosivwaffen sind für die Zivilbevölkerung verheerend: 2018 wurden laut der Organisation „Action on Armed Violence“ (AOAV) 20.384 Zivilisten/-innen durch Explosivwaffen getötet oder verletzt. Wenn diese Waffen in besiedelten Gebieten eingesetzt werden, sind 90% der Opfer Zivilist/-innen. Die massive Verseuchung mit explosiven Kriegsresten sei einer der Hauptgründe für die Vertreibung der Bevölkerung außer- und innerhalb der Landesgrenzen, so Fischer weiter.

"The Waiting List" - Studie zu Langzeitfolgen in Syrien

In der Studie „The Waiting List“ hat HI die langfristigen Folgen von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten für die Zivilbevölkerung anhand des syrischen Konflikts dokumentiert. Acht Jahre ununterbrochene Bombardierungen und Beschuss haben viele Teile Syriens zerstört und lebensnotwendige Infrastruktur unbrauchbar gemacht. So ist die syrische Zivilbevölkerung wie in einer endlosen „Warteschleife“ gefangen, ohne bisher wieder Zugang zu ihren grundlegenden Menschenrechten zu erlangen: sich wieder frei zu bewegen, Nahrungsmittel und Wasser zu erhalten, zu spielen, zur Schule zu gehen, zu arbeiten oder sicher in die Trümmer ihrer ehemaligen Heimat zurückzukehren und ihr Leben wiederaufzubauen. Die Studie basiert auf Literaturrecherchen, Interviews mit Überlebenden von Explosivwaffeneinsätzen und ihren Familien sowie Gesprächen mit humanitären Akteuren, die in Syrien arbeiten.

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